Es war Samstag Mittag, als mein Vater und ich nach 1 ½ Tagen auf Achse endlich bei Sonnenschein und 25°C in Cagliari ankamen. Ich hatte die Fahrt und die Überfahrt mit der Fähre relativ gut verkraftet und wollte diesen Nachmittag unbedingt noch raus zum Surfen in die wunderschöne Bucht von Cagliari. Diese Bucht öffnet sich nach Süden, was bei warmen Süd- bis Südostwind (Scirocco) eine hohe Welle vom Meer her zur Folge hat. An diesem Nachmittag waren 15 kn Südostwind – und dementsprechend eine wunderschön zu fahrende, lange Welle, die ca. 1,5 m hoch war.
Nach dieser Einheit hatte ich komischerweise das Gefühl, schon ewig hier zu surfen und fühlte mich irgendwie richtig heimisch. Da ich davor schon die Anmeldung hinter mich gebracht hatte, musste ich nur noch mein Equipment vermessen lassen. Obwohl das im Zeitplan erst für Sonntag vorgesehen war, erwischte ich diesen Abend noch einen Vermesser und konnte demnach dem nächsten Tag mit dem Practice Race am Nachmittag entspannt entgegen sehen.
Die Windverhältnisse beim Practice Race gestalteten sich Bayern-like: blauer Himmel, maximal 5 Knoten und Kabbelwelle. Ich hatte natürlich beim Sign-out – Sign-in -System gleich mal das Sign-out vergessen ( was mir die ganze Woche zum Glück nicht mehr passierte ) und kam nach einer schnellen Rückkehr an den Strand etwas knapp zum Start. Am Ende war ich an der Luvtonne jedoch überraschend dritte. Das gab mir ein gutes Gefühl für die Wettfahrten der kommenden Tage, obwohl ich wusste, dass es nur das Practice Race war und in einer echten Wettfahrt natürlich alles anders aussehen kann…
Am Montag waren ähnliche Bedingungen, wie an meinem Trainingstag am Samstag. Auf unserer Bahn waren 6 Fleets unterwegs: zwei Jungsfleets und ein Mädchenfleet, und das jeweils für U15 und U17. Die U17 Mädchen hatten das Glück, in dem gut durchdachten System der Wettfahrtleitung immer als erstes der 6 Fleets starten zu dürfen. Also hatten wir immer eine noch „unbenutzte“ Startkreuz ohne Kabbelwellen. Ich startete konstant mit zwei 15. Plätzen in die Regatta und war in der darauffolgenden, einstündigen Pause an Land zufrieden mit meiner Leistung. Für die dritte und letzte Wettfahrt des Tages hatte der Wind noch etwas aufgefrischt auf ungefähr 17 kn und die Welle war auf ungefähr 2m angewachsen. Das sind unter anderem meine Lieblingsbedingungen mit dem BIC und ich freute mich richtig auf die Wettfahrt. Nach dem Start hatte ich einfach nur Spaß dabei, mit den anderen Mädels bei solch tollen Bedingungen fighten zu dürfen. Das und die dadurch resultierende Gelassenheit während der Wettfahrt war vielleicht auch der Grund dafür, dass ich bei dieser Wettfahrt einen 4. Platz herausfuhr, mein bestes Resultat der ganzen Woche. Als ich über die Ziellinie fuhr, musste ich einfach über beide Backen grinsen. Dieses Grinsen wich auch bis zum späten Abend nicht, da ich in der Gesamtwertung nun mit Platz 10 knapp aber dennoch Top 10 war, mein geheimes Ziel für diese Woche und ein kleiner Traum von mir.
Dienstag war einfach ein von den Bedingungen her perfekter Tag. Etwas mehr Wind als bei der dritten Wettfahrt gestern und eine Monsterwelle von manchmal 3m sind echt super BIC-Bedingungen für mich und als ich vom Strand aus das riesige Startschiff wie ein kleines Spielzeugschiffchen zwischen den Wellen schaukeln sah, war ich schon richtig heiß auf die bevorstehenden drei Wettfahrten. In den ersten beiden Wettfahrten lief leider beides mal etwas schief. In der Ersten war ich auf der Startkreuz ungefähr 5. und sah eine Plastiktüte im Wasser zu spät, die ich bis zur Luvtonne auch nicht mehr loswurde. Ich verlor dadurch leider 10 Plätze und landete wieder auf „meinem“ 15. Platz. Der Ärger darüber verflog bis zur 2. Wettfahrt auch nicht wirklich und ich war etwas unkonzentriert. Das hatte eine kleine Badesession auf Downwind zur Folge, womit ich in dieser Wettfahrt einen 17. als Streicher einfuhr. Ich konnte den Tag in der dritten Wettfahrt aber noch retten und fuhr einen schönen 5. Platz ein, was in der Wertung momentan Platz 11 bedeutete.
Nach diesem Tag wurde mir bewusst, wie schwerwiegend auch nur ein kleiner Fehler in den sehr kurzen Wettfahrten von ca. 20 min sein kann. Wenn du auch nur einmal reinfällst oder den Anlieger zur Tonne nicht bekommst, bist du gleich mal auf Platz 15 abwärts; ein nicht geglücktes Manöver kostet dich die Top 5. Der Schlüssel für die folgenden Tage war also, den Kopf nicht zu verlieren und immer überlegt zu handeln.
Der Mittwoch erinnerte mich irgendwie an Kiel: Kabbelwelle aus allen Richtungen und 5-8 Knoten aus Süd. Es war der einzige Regattatag ohne Gleitwind und die Karten wurden demnach neu gemischt. Die drehenden und unkonstanten Bedingungen ließen bei uns U17-Mädels nur eine Wettfahrt zu, die ich mit einem 11. Platz nach viel Pumpen relativ gut abschloss. Durch die völlig neuen Bedingungen hatte sich in der Gesamtwertung auch einiges getan: Ich war mit einem nicht-Top 10 Platz auf den 9. Rang vorgerückt?!
Der nächste Tag brachte und wieder die altbekannten Scirocco – Bedingungen, ähnlich wie Montag. Ich startete für meine Bedingungen sehr schlecht in die bevorstehenden drei Wettfahrten: Mit einer Französin hatte ich einen kleinen Zwischenfall an der Luvtonne, was für mich mit einem Streicher endete: Platz 22. Ich hatte aber aus der Tüten-Wettfahrt am Dienstag gelernt, blieb konzentriert und verdrängte das Ergebnis. Bei super Bedingungen fuhr ich die Plätze 6 und 8 ein und landete insgesamt - etwas runtergezogen durch den 17. Platz, den ich noch nicht Streichen konnte - auf Platz 10.
Am Abend gabs etwas Mathe: der letzte Tag stand bevor und ich wollte wissen, was noch rauszuholen war. In der Gesamtwertung waren die Plätze 11-8 für mich noch möglich. 12 und leider auch 7 waren himmelweit entfernt. Mit zwei letzten Top 10 Plätzen beides mal vor der Italienerin auf Platz 9 und der Französin auf Platz 8 wäre der 8. Gesamtplatz für mich drin…
Mit diesem Gedanken im Hinterkopf bereitete ich mich ein letztes Mal auf die Wettfahrten vor. Als ich mein Segel, das ich wie die letzten Tage über Nacht aufgebaut gelassen hatte, an den Strand trug, kam es mir irgendwie seltsam lose vor…ich sah nach, was fehlte: mir wurde in der Nacht das Mast-Trimmsystem herausgeschnitten. Ich hatte Glück, dass am letzten Tag aus irgendeinem Grund die U15 Fleets zuerst rausgeschickt wurden. Also: Ich lieh mir ein Trimmsystem für diesen Tag und hatte auch noch genug Zeit es einzubauen. Draußen genoss ich trotz dieses Vorfalls die letzten beiden Wettfahrten, die auch gleichzeitig die Letzen für mich mit dem BIC waren. Ich machte mir keinen Druck und hatte einfach nur Spaß daran bei Sonne, 17 Knoten und 2 m Welle fahren zu dürfen. Meine beiden Plätze 5 und 8 rundeten die Regatta schön ab und sie reichten auch noch für den 8. Gesamtplatz!
Als Fazit dieser Woche kann ich nur sagen, dass diese EM toll organisiert war, Cagliari echt ein wunderbares Revier für eine solche Veranstaltung ist und es richtig Spaß gemacht hat, dort surfen zu dürfen. Vielen Dank an alle, die mich bis dorthin gebracht haben! Für mich war es wirklich ein sehr schöner Abschluss meiner BIC-Zeit und ich hoffe, die Freunde, die ich in dieser Klasse gefunden habe, auch in der nächsten olympischen Surfklasse wiederzutreffen.